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Mittwoch, Juli 30, 2025
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Beschäftigung von Arbeitnehmern aus Polen im Fernarbeitsverhältnis durch ausländische Unternehmen – wann entsteht eine Betriebsstätte in Polen?

Die Beschäftigung polnischer Arbeitnehmer durch ausländische Unternehmen im Rahmen der Fernarbeit ist eine gängige Praxis, insbesondere in Branchen wie IT, Finanzen oder Beratung. Diese Form der Zusammenarbeit kann jedoch erhebliche steuerliche Konsequenzen in Polen haben – darunter das Risiko, dass eine steuerliche Betriebsstätte entsteht. In der Praxis bedeutet dies, dass Verpflichtungen im Bereich der Körperschaftsteuer (CIT) in Polen auferlegt werden können.


Was ist eine Betriebsstätte und warum ist sie von Bedeutung?

Eine Betriebsstätte (engl. permanent establishment, PE) liegt vor, wenn ein ausländisches Unternehmen in Polen eine Tätigkeit so dauerhaft und in einer solchen Weise ausübt, dass davon ausgegangen wird, dass es einen Teil seiner Tätigkeit vom polnischen Hoheitsgebiet aus ausübt. In der Praxis kann das bedeuten, dass bereits die Anstellung eines Mitarbeiters, der seine Aufgaben aus Polen heraus erfüllt – auch ohne Büro oder formale Niederlassung – zur Entstehung einer Betriebsstätte führen kann.

Es ist zu betonen, dass in Polen kein Antrag auf Gründung einer Betriebsstätte gestellt wird. Ihre Existenz wird ausschließlich anhand der tatsächlichen Umstände beurteilt – also danach, wie und wo die Geschäftstätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Wird festgestellt, dass die Tätigkeit von Polen aus bestimmte Voraussetzungen erfüllt, kann ein ausländisches Unternehmen verpflichtet werden, in Polen Körperschaftsteuer (CIT) auf den Teil der Einnahmen zu entrichten, der mit der Tätigkeit in Polen zusammenhängt.

Rechtsgrundlagen für die Bestimmung einer Betriebsstätte in Polen

Die Grundlage für die Beurteilung, ob eine Betriebsstätte entstanden ist, ergibt sich aus drei Hauptrechtsquellen:

  • dem polnischen Körperschaftsteuergesetz (CIT-Gesetz),
  • den von Polen mit anderen Staaten geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen,
  • sowie dem OECD-Musterabkommen.
Rechtsgrundlagen für die Bestimmung einer Betriebsstätte in Polen

Alle diese Rechtsakte gehen davon aus, dass eine Betriebsstätte ein fester Ort der Geschäftstätigkeit ist, an dem ein ausländisches Unternehmen zumindest einen Teil seiner Tätigkeiten in Polen ausübt. Dabei muss es sich nicht um eine formal registrierte Einheit handeln – entscheidend ist, dass die Tätigkeit kontinuierlich, organisiert und einem bestimmten Ort zugeordnet ist.


Fernarbeit und Steuerpflicht in Polen – wann entsteht sie?

Mit der zunehmenden Verbreitung der Fernarbeit stellt sich immer häufiger die Frage, ob die Ausübung von beruflichen Pflichten vom Wohnsitz aus (Homeoffice) – insbesondere in einem anderen Land als dem Sitz des Unternehmens – zur Entstehung einer steuerlichen Betriebsstätte führen kann. Die Antwort darauf ist nicht eindeutig und hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Die bloße Ausübung von Fernarbeit auf dem polnischen Staatsgebiet bedeutet nicht automatisch, dass ein ausländisches Unternehmen in Polen eine Betriebsstätte hat.

Wenn diese Arbeit jedoch:

  • regelmäßig und kontinuierlich erfolgt,
  • an einem bestimmten Ort stattfindet (z. B. in der Wohnung des Arbeitnehmers),
  • Teil der organisierten Geschäftstätigkeit des Unternehmens ist,
  • über rein unterstützende oder technische Aufgaben hinausgeht,
  • eine wesentliche Bedeutung für den operativen Betrieb hat (z. B. Einfluss auf Umsätze, Kundenbetreuung, finanzielle Entscheidungen)

kann sie als Tätigkeit angesehen werden, die vom polnischen Hoheitsgebiet aus in einer Weise ausgeübt wird, die die Voraussetzungen für die Gründung einer Betriebsstätte erfüllt.

Um zu beurteilen, ob die in Polen ausgeübte Tätigkeit zur Gründung einer Steuerbetriebsstätte führen kann, kann es hilfreich sein, folgende Fragen zu prüfen:

  • Ist der Arbeitnehmer befugt, das Unternehmen zu vertreten oder Verträge abzuschließen?
  • Stellt der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz zur Verfügung (z. B. ein gemietetes Coworking-Büro oder ein dedizierter Raum)?
  • Ist der Zugang zur Wohnung des Arbeitnehmers für das Unternehmen in irgendeiner Weise formalisiert oder vereinbart?
  • Erlaubt die verwendete Ausstattung (z. B. Laptop, IT-Systeme) dem Mitarbeiter, im Namen des Unternehmens zu handeln?
  • Welche internen Richtlinien gelten für das Management und die Überwachung der Tätigkeit, die von Polen aus erfolgt?

Selbst das Fehlen einer formellen Struktur in Polen schließt nicht aus, dass ein ausländisches Unternehmen hier eine dauerhafte und organisierte Tätigkeit ausübt – und dies kann zu einer Körperschaftsteuerpflicht führen.


Beschäftigung in Polen und Betriebsstätte – jede Situation muss individuell bewertet werden

Obwohl der Begriff der Betriebsstätte sowohl im polnischen Steuerrecht als auch in internationalen Abkommen definiert ist, bereitet seine Anwendung in der Praxis häufig Auslegungsschwierigkeiten. In vielen Fällen lässt sich nicht eindeutig beurteilen, ob in einem konkreten Fall eine Betriebsstätte vorliegt – insbesondere bei modernen Arbeitsformen wie dem Remote-Modell. Die steuerlichen Pflichten eines ausländischen Arbeitgebers in Polen sind oft nicht eindeutig und hängen von zahlreichen Faktoren ab.

In der Praxis interpretiert die Polnische Steuerinformationsstelle (Krajowa Informacja Skarbowa, KIS) die Gegebenheiten nicht selten zum Nachteil ausländischer Unternehmen, gestützt auf ein weites Verständnis des fiskalischen Interesses des Staates. Selbst wenn die Tätigkeit in Polen nur in begrenztem Umfang und ohne physische Infrastruktur erfolgt, kann dies bereits als ausreichend für die Entstehung einer Betriebsstätte angesehen werden.

Steuerliche Auslegung versus gerichtliche Rechtsprechung – unterschiedliche Sichtweisen auf eine Betriebsstätte

Gemäß der individuellen Auslegung vom 6. Mai 2025 (Az. 0114-KDIP2-1.4010.86.2025.2.MW) stellte der Direktor des KIS fest, dass eine deutsche Gesellschaft, die einen Arbeitnehmer auf unbestimmte Zeit im Homeoffice beschäftigt – ohne jegliches Büro in Polen – eine steuerliche Betriebsstätte auf dem Gebiet Polens hat. Nach Ansicht der Behörde reichte der Wohnsitz des Arbeitnehmers aus, um ihn als feste Einrichtung anzusehen, auch wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen nicht gegenüber Kunden vertrat und keine Verträge abschloss.

Diese Auslegung steht jedoch im Widerspruch zum Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts vom 19. Februar 2025 (Az. II FSK 609/22), in dem das Gericht klar festgestellt hat, dass die bloße Erbringung von Fernarbeit – ohne das Recht, über Räumlichkeiten zu verfügen, und ohne tatsächliche organisatorische Präsenz des Unternehmens – nicht dazu führen kann, dass eine steuerliche Betriebsstätte in Polen als begründet anzusehen ist.

Die Unterschiede zwischen der Auslegungspraxis der Steuerbehörde KIS und der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zeigen, dass jeder Einzelfall individuell geprüft werden sollte. Unternehmen, die Mitarbeiter in Polen beschäftigen, sollten sorgfältig analysieren, ob Art und Organisation der Zusammenarbeit steuerliche Folgen nach sich ziehen können. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich an Fachleute zu wenden oder eine individuelle Auslegung zu beantragen, die die Gründung einer Betriebsstätte in der jeweiligen Sachlage bestätigt (oder ausschließt). Im Falle einer ungünstigen Auslegung kann die Entscheidung der Behörde vor einem Verwaltungsgericht angefochten werden.


Unterstützung ausländischer Unternehmen bei der Beschäftigung von Mitarbeitern in Polen

Die Beschäftigung von Mitarbeitern in Polen durch ausländische Unternehmen – insbesondere ohne physische Präsenz im Land – ist mit zahlreichen Pflichten sowie rechtlichen und steuerlichen Risiken verbunden. Von entscheidender Bedeutung ist die korrekte Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, die Einhaltung des polnischen Arbeitsrechts und der Sozialversicherungsvorschriften sowie die Bewertung des potenziellen Risikos der Entstehung einer steuerlichen Betriebsstätte.

Das Team von getsix® bietet in diesem Bereich eine umfassende Unterstützung – von der Beratung bis zur operativen Betreuung. Unsere Dienstleistungen umfassen unter anderem:

  • Registrierung des ausländischen Arbeitgebers bei der polnischen Sozialversicherungsanstalt (ZUS) als Beitragszahler,
  • Erstellung der Lohn- und Gehaltsabrechnungen gemäß polnischem Recht,
  • Berechnung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen,
  • Vorbereitung und Einreichung von ZUS- und PIT-Erklärungen,
  • Kommunikation mit Behörden und Institutionen in Polen,
  • Unterstützung bei der Erstellung von Arbeitsverträgen nach polnischem Recht,
  • Analyse steuerlicher Risiken im Zusammenhang mit der möglichen Entstehung einer Betriebsstätte,
  • Ausarbeitung und Einreichung eines Antrags auf verbindliche Auskunft (individuelle Steuerauslegung).

Dank unserer langjährigen Zusammenarbeit mit Unternehmen aus verschiedenen Ländern ist getsix® in der Lage, lokales Fachwissen mit den Erwartungen internationaler Auftraggeber zu verbinden. Unser Ansatz basiert auf einem tiefen Verständnis der Geschäftstätigkeit unserer Kunden und der Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen für jede spezifische Situation.

Die Beschäftigung von Mitarbeitern in Polen durch ein ausländisches Unternehmen kann mit Steuer- und Sozialversicherungspflichten verbunden sein. Das getsix® Team unterstützt Sie bei der Analyse solcher Fälle und sorgt für die Einhaltung der polnischen Vorschriften in den Bereichen Personalwesen, Lohnabrechnung und Steuern. Kontaktieren Sie uns über das Formular »


Die Beschäftigung von Mitarbeitern aus Polen durch ausländische Unternehmen – auch im vollständig remote-basierten Modell – kann zur Entstehung einer Betriebsstätte in Polen führen. Diese Einordnung hat konkrete Konsequenzen, insbesondere die Pflicht zur Entrichtung der Körperschaftsteuer (CIT) in Polen. Zwar sind die allgemeinen Definitionen einer Betriebsstätte im polnischen CIT-Gesetz sowie in den Doppelbesteuerungsabkommen bekannt, doch ihre praktische Anwendung wirft nach wie vor viele Fragen auf.

Die Bewertung, ob eine Betriebsstätte entsteht, hängt sowohl von formalen Faktoren ab (z. B. Arbeitsort, Befugnisse des Mitarbeiters, Vertragsform), als auch von operativen Gegebenheiten – etwa der Art der Arbeitsorganisation, dem Grad der Kontrolle oder dem Zugang zu unternehmenseigenen Ressourcen. Daher ist es ratsam, nicht nur personalbezogene Aspekte, sondern auch die steuerlichen und organisatorischen Auswirkungen im Voraus zu analysieren. Für ausländische Arbeitgeber ist es entscheidend, die Einhaltung des polnischen Rechts sicherzustellen und gleichzeitig Risiken zu minimieren. Hilfreich können sowohl fachliche Beratung als auch die Einholung einer individuellen Auslegung sein, um Streitigkeiten mit den Steuerbehörden zu vermeiden. In der Praxis greifen viele Unternehmen auf die Unterstützung spezialisierter Partner zurück, die bei der Bewertung der Sachlage, der Erstellung erforderlicher Unterlagen und der Abwicklung von Formalitäten gegenüber den polnischen Behörden behilflich sind.

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