Der Direktor der Nationalen Steuerinformation hat in seiner individuellen Auslegung vom 22. August 2025 (Az. 0111-KDIB3-2.4018.8.2024.10.MGO) bestätigt, dass die Niederlassung einer ausländischen Gesellschaft die Steueridentifikationsnummer (NIP) verwenden darf, die der Muttergesellschaft zugewiesen wurde. Diese Stellungnahme wurde nach dem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts vom 8. Mai 2025 (Az. III FSK 172/25) abgegeben, in dem entschieden wurde, dass sich aus dem Gesetz über die NIP keine Verpflichtung für die Niederlassung ergibt, eine separate Identifikationsnummer zu besitzen.
Hintergrund des Falls
Der Fall betraf ein ausländisches Unternehmen, das 2013 seine Tätigkeit in Polen aufgenommen und damals eine eigene NIP-Nummer erhalten hatte. Zwei Jahre später meldete sie in Polen eine Niederlassung an, der im Rahmen des sogenannten „One-Stop-Shops” eine zweite NIP-Nummer zugewiesen wurde. Das Unternehmen verwendete die Stammnummer für die Abrechnung der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer, während die Niederlassung ihre Nummer nur für die Erfüllung ihrer Pflichten als PIT-Zahler und für Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge verwendete.
In der Praxis führte diese Lösung zu vielen Schwierigkeiten. Die Vertragspartner verwendeten bei der Überprüfung der Daten im Landesgerichtsregister die NIP-Nummer der Niederlassung, was zu Fehlern auf Rechnungen und Problemen bei der Überprüfung des Mehrwertsteuerstatus führte. Das Unternehmen wies darauf hin, dass die Situation nach der vollständigen Einführung des nationalen E-Rechnungssystems weiter verschärfen werde, da unterschiedliche Nummern einen ordnungsgemäßen Dokumentenfluss unmöglich machen würden.
Inhalt der Frage und Standpunkt des Unternehmens
Der Antragsteller fragte, ob er die seiner Muttergesellschaft zugewiesene Steueridentifikationsnummer (NIP) für alle steuerlichen Verpflichtungen in Polen verwenden darf, einschließlich der Einkommensteuer (PIT). Nach Ansicht des Unternehmens sollte die Niederlassung, da sie kein eigenständiges Unternehmen im rechtlichen und steuerlichen Sinne ist, keine eigene Steueridentifikationsnummer (NIP) haben.
Beurteilung durch die Steuerbehörden und Gerichte
Ursprünglich hielt der Direktor der Steuerinformationsstelle (KIS) die Position des Unternehmens für unrichtig. Nach Anfechtung der Auslegung hob das Verwaltungsgericht der Woiwodschaft in Posen in seinem Urteil vom 3. Dezember 2024 (I SA/Po 532/24) die Auslegung auf und stellte fest, dass das Gesetz über die Grundsätze der Erfassung und Identifizierung von Steuerzahlern und Zahlern (das sogenannte NIP-Gesetz) keine Verpflichtung vorsieht, derselben Einheit zwei Identifikationsnummern zuzuweisen.
Das Oberste Verwaltungsgericht bestätigte diese Einschätzung in seinem Urteil vom 8. Mai 2025 (III FSK 172/25) und wies darauf hin, dass sich aus Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Steueridentifikationsnummer (NIP) der Grundsatz der einmaligen Identifikationsmeldung ergibt und diese Bestimmung entsprechend für Steuer- und Beitragszahler gilt. Das Oberste Verwaltungsgericht betonte, dass die von der Niederlassung ausgeübten Tätigkeiten Tätigkeiten der Gesellschaft selbst sind und die Beschäftigung von Mitarbeitern keine separate Meldepflicht begründet.
In Ausführung des Urteils des Gerichts hat der Direktor des KIS den Fall erneut geprüft und die Position des Antragstellers für richtig befunden.
Begründung der Auslegung
In seiner Auslegung vom 22. August 2025 berief sich der Direktor des KIS auf folgende Vorschriften:
- das Gesetz über die Grundsätze der Beteiligung ausländischer Unternehmer – wonach eine Niederlassung lediglich ein organisatorisch getrennter Teil des Unternehmers und kein eigenständiges Unternehmen ist;
- Gesetz über die Steueridentifikationsnummer (NIP) – insbesondere Art. 2 und Art. 5, wonach die Identifikationsmeldung einmalig erfolgt, unabhängig von der Anzahl der ausgeübten Tätigkeiten oder Funktionen als Zahler;
- der Abgabenordnung – in der der Steuerpflichtige und der Zahler definiert werden;
- sowie auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die die These der „steuerlichen Selbständigkeit” einer Zweigniederlassung konsequent zurückgewiesen haben.
Der Direktor der KIS betonte, dass die Muttergesellschaft – als Mehrwertsteuer- und Körperschaftsteuerpflichtige – bereits zuvor ihrer Meldepflicht nachgekommen sei und eine Steueridentifikationsnummer erhalten habe. Die Gründung einer Niederlassung und die Einstellung von Mitarbeitern begründen keine neue Einheit und rechtfertigen daher keine erneute Vergabe einer Identifikationsnummer. Infolgedessen kann die Niederlassung auch bei der Erfüllung der Pflichten des PIT-Zahlungspflichtigen unter der der Muttergesellschaft zugewiesenen NIP-Nummer auftreten.
Bedeutung für Unternehmer im Hinblick auf die Steueridentifikationsnummer
Die Auslegung vom 22. August 2025 stellt eine wesentliche Vereinfachung für ausländische Unternehmen dar, die über Niederlassungen in Polen tätig sind. Sie bestätigt, dass in Fällen, in denen eine Niederlassung keine eigenständige Rechtspersönlichkeit hat und im Namen der Muttergesellschaft handelt, keine Verpflichtung besteht, eine separate NIP-Nummer zu beantragenen.
Diese Entscheidung beseitigt bisherige Auslegungszweifel und verringert das Risiko von Fehlern bei Abrechnungen und in elektronischen Systemen wie dem Landesweiten E-Rechnungssystem (KSeF) in Polen.
Verfügt die Niederlassung eines ausländischen Unternehmens über eine eigene NIP-Nummer und entspricht ihre tatsächliche Situation der in der Auslegung beschriebenen, kann der Unternehmer nach Rücksprache mit dem zuständigen Finanzamt eine Vereinheitlichung der Steueridentifikation in Betracht ziehen.
Nach dem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts vom 8. Mai 2025 und der Auslegung des Direktors der Steuerinformationsstelle vom 22. August 2025 wurde bestätigt, dass die Niederlassung einer ausländischen Gesellschaft dieselbe Steueridentifikationsnummer wie die Muttergesellschaft verwenden darf, auch im Hinblick auf die Pflichten als PIT-Zahlungspflichtiger. Diese Entscheidung beendet einen mehrjährigen Auslegungsstreit und führt eine einheitliche Praxis im Bereich der Erfassung von Steuerzahlern und Steuerpflichtigen ein.
Wenn Sie weitere Fragen zu den Steuervorschriften oder anderen rechtlichen Aspekten der Geschäftstätigkeit in Polen haben, wenden Sie sich bitte an das Team von getsix®.
Rechtsgrundlage:
- Gesetz vom 13. Oktober 1995 über die Grundsätze der Erfassung und Identifizierung von Steuerzahlern und Zahlern (Gesetzblatt von 2024, Pos. 1625)
- Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts vom 8. Mai 2025, Az. III FSK 172/25
- Individuelle Auslegung des Direktors der Nationalen Steuerinformation vom 22. August 2025, Az. 0111-KDIB3-2.4018.8.2024.10.MGO



