8.3 C
Warschau
Montag, Dezember 8, 2025
spot_img

Von der Muttergesellschaft als steuerlich absetzbare Aufwendungen der Niederlassung berechnete Zinsen – Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts in Polen (NSA)

Die Frage, ob die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen als steuerlich absetzbare Betriebskosten der Niederlassung einer ausländischen Gesellschaft gelten können, hat seit langem zu Interpretationszweifeln und Unsicherheit unter Unternehmern und Steuerberatern geführt. Umso wichtiger ist das rechtskräftige Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts in Polen (NSA) vom 30. Juli 2025 (II FSK 1423/22), das den Streit in dieser Angelegenheit eindeutig zugunsten des Steuerpflichtigen entscheidet und einen wichtigen Bezugspunkt für ähnliche Sachverhalte darstellt.

Der NSA bestätigte, dass für Einkommensteuerzwecke die Niederlassung eines ausländischen Unternehmers als eigenständiges Unternehmen zu behandeln ist, was zu der Schlussfolgerung führt, dass die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen als Steueraufwand der Niederlassung angesehen werden können, sofern sie die allgemeinen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (CIT) erfüllen.


Kernpunkt des Rechtsstreits – von der Muttergesellschaft berechnete Zinsen und Steueraufwendungen der Niederlassung

Der vom Obersten Verwaltungsgericht entschiedene Fall betraf ein deutsches Unternehmen, das einen Bankkredit aufgenommen und einen Teil der erhaltenen Mittel für die Finanzierung der Tätigkeit seiner polnischen Niederlassung verwendet hatte. Diese Finanzierung war interner Natur – die Muttergesellschaft stellte der Niederlassung Mittel zur Verfügung und berechnete ihr dafür Zinsen. Das Unternehmen beantragte eine individuelle Auslegung, um zu bestätigen, dass die polnische Niederlassung das Recht hat, die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen als Werbungskosten geltend zu machen, und wies darauf hin, dass sowohl der Bankkredit als auch die interne Finanzierung der Niederlassung zu marktüblichen Bedingungen erfolgten.

Der Direktor der Nationalen Steuerinformation (KIS) in Polen hielt die Position des Steuerpflichtigen für unrichtig und argumentierte, dass die Abrechnungen zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Niederlassung interner Natur seien und daher – nach Ansicht der Behörde – keine steuerlichen Kosten verursachen könnten. Infolgedessen entschied er, dass die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen für die Niederlassung keine steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen darstellen können.

Der Steuerzahler legte gegen diese Auslegung Berufung beim Verwaltungsgericht (WSA) in Warschau ein, das ihm Recht gab und die Auslegung aufhob. Der Direktor des KIS war mit dem Urteil des WSA nicht einverstanden und legte beim Obersten Verwaltungsgericht (NSA) Kassationsbeschwerde ein, die jedoch vom NSA zurückgewiesen wurde. Dies bedeutet, dass die Verwaltungsgerichte beider Instanzen die Zulässigkeit der Einbeziehung von Zinsen für die Finanzierung, die der Zweigniederlassung von der Zentrale gewährt wurden, in die Steuerkosten bestätigt haben – unter Erfüllung der Bedingungen, die sich aus den CIT-Vorschriften und dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ergeben, was in der Praxis die Zulässigkeit der Einbeziehung solcher Zinsen in die Steuerkosten in analogen Sachverhalten bestätigt.

getsix® bietet umfassende Steuerberatungsdienstleistungen für ausländische Unternehmen, die in Polen tätig sind, einschließlich Unterstützung bei der korrekten Abrechnung von Niederlassungen und der Gewährleistung der Einhaltung der geltenden Vorschriften.


Warum können die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen als Kosten der Niederlassung gelten – Auslegung der Vorschriften durch den Obersten Verwaltungsgerichtshof

Steuerlicher Status der Niederlassung und seine Bedeutung für die Abrechnung

Ausgangspunkt für die Argumentation des Obersten Verwaltungsgerichts in Polen ist die Bestimmung des rechtlichen und steuerlichen Status der Niederlassung eines ausländischen Unternehmens. Das Gericht wies darauf hin, dass Art. 3 Abs. 2 des CIT-Gesetzes keine separate Steuerpflicht der Niederlassung begründet. Steuerpflichtiger bleibt die ausländische Gesellschaft, die in Polen der sogenannten beschränkten Steuerpflicht unterliegt – ausschließlich für Einkünfte, die auf dem Gebiet der Republik Polen erzielt werden.

Gleichzeitig stellt die Niederlassung einer ausländischen Gesellschaft auf der Grundlage von Doppelbesteuerungsabkommen eine sogenannte „Betriebsstätte” dar. Der Oberste Verwaltungsgerichtshof verwies auf Artikel 7 des Abkommens zwischen Polen und Deutschland, wonach die Gewinne eines Unternehmens eines Staates im anderen Staat nur insoweit besteuert werden dürfen, als sie einer Betriebsstätte in diesem anderen Staat zugeordnet werden können. Von Bedeutung ist hier der Wortlaut von Art. 7 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens: Die Gewinne der Betriebsstätte sollten den Gewinnen entsprechen, die die Betriebsstätte erzielt hätte, wenn sie ein unabhängiges Unternehmen gewesen wäre, das die gleiche Tätigkeit unter den gleichen Bedingungen ausgeübt hätte.

Der Oberste Verwaltungsgerichtshof betonte, dass es sich hierbei um eine für das internationale Steuerrecht typische Rechtsfiktion handelt: Obwohl die Niederlassung kein eigenständiger Steuerpflichtiger ist, wird sie für die Zwecke der Zuordnung von Einkünften und Aufwendungen so behandelt, als wäre sie ein eigenständiges, unabhängiges Unternehmen. Die Folge dieser Fiktion ist die Notwendigkeit, einen Zustand zu simulieren, in dem die Niederlassung wie ein selbständiger Unternehmer agiert – auch im Hinblick auf die Beschaffung von Finanzmitteln und die Übernahme von Zinskosten.

Wie wirkt sich Artikel 7 DBA auf die Verrechnung von Zinsen der Niederlassung aus?

Ein wesentlicher Bestandteil des Urteils ist die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 DBA in Verbindung mit dem Konzept der Betriebsstätte. Der NSA wies darauf hin, dass diese Bestimmung gemäß dem Kommentar zum OECD-Musterabkommen auch sogenannte interne Transaktionen umfasst, d. h. Abrechnungen zwischen einer Betriebsstätte und anderen Teilen desselben Unternehmens. Das bedeutet, dass solche Abrechnungen für Steuerzwecke so zu behandeln werden müssen, als ob sie zwischen unabhängigen Unternehmen stattgefunden hätten.

Wenn also die Muttergesellschaft der Niederlassung Finanzmittel zur Verfügung stellt und ihr Zinsen berechnet, sollte die Situation gemäß Art. 7 DBA so bewertet werden, als hätte die Niederlassung einen Kredit bei einem unabhängigen Unternehmen aufgenommen. Somit sind die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen als typische Fremdfinanzierungskosten zu behandeln, die – sofern sie die allgemeinen Voraussetzungen für Steuerkosten erfüllen – als Betriebsausgaben abgesetzt werden können.

Der Oberste Verwaltungsgerichtshof hat eindeutig festgestellt, dass sich aus Art. 7 DBA die Verpflichtung ergibt, der Niederlassung solche Gewinne (und die entsprechenden Kosten) zuzuweisen, die sie erzielt hätte, wenn sie völlig unabhängig von der Muttergesellschaft tätig gewesen wäre. Wenn also die Niederlassung eine Finanzierung in Anspruch nimmt, sollten ihr auch die Kosten dieser Finanzierung – insbesondere die Zinsen – zugewiesen werden.

Kein Verbot der Einbeziehung von Zinsen in die Kosten

Der Direktor der Nationalen Steuerinformation behauptete, dass die Zinsen für die der Niederlassung von der Zentrale gewährte Finanzierung „internen” Charakter hätten und daher seiner Meinung nach keine steuerlichen Kosten darstellen könnten. Dabei berief er sich auf Art. 7 Abs. 3 DBA. Der NSA wies diese Argumentation eindeutig zurück.

Das Gericht wies darauf hin, dass Art. 7 Abs. 3 DBA kein Verbot in Bezug auf Zinsen festlegt, sondern lediglich die Zuweisung von Kosten, die der Zentrale entstehen, an die Niederlassung ermöglicht – auch wenn diese nicht direkt von der Niederlassung getragen wurden. Diese Bestimmung eröffnet somit die Möglichkeit, Ausgaben, die funktional mit der Tätigkeit der Niederlassung verbunden sind, einschließlich der von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen, als Kosten zu erfassen, sofern die Finanzierung der Tätigkeit der Niederlassung dient.

Wann können Zinsen als Steueraufwand der Niederlassung (CIT) geltend gemacht werden?

Der Oberste Verwaltungsgerichtshof hat bestätigt, dass die von der Niederlassung an die Muttergesellschaft gezahlten Zinsen die allgemeinen Kriterien für abzugsfähige Aufwendungen gemäß Art. 15 Abs. 1 CIT erfüllen, da sie in direktem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit stehen. Der Streit betraf die Anwendung von Art. 16 Abs. 1 Nr. 11 CIT. Diese Bestimmung schließt nur nicht gezahlte oder erlassene Zinsen von den Kosten aus, nicht jedoch tatsächlich gezahlte Zinsen.

Im vorliegenden Fall zahlte die Niederlassung Zinsen an die Zentrale, die Zentrale erkannte diese als Einnahmen und zahlte die Zinsen an die Bank. Der Oberste Verwaltungserichthof kam daher zu dem Schluss, dass es keinen Grund gibt, diese Zinsen von den Kosten auszuschließen. Er betonte auch, dass der von der Behörde vertretene Ansatz zu einem unlogischen Ergebnis führen würde – die Niederlassung könnte niemals Finanzierungskosten verbuchen, da die Muttergesellschaft immer Vertragspartei des Kreditvertrags ist.


Was bedeutet das Urteil des NSA für Niederlassungen ausländischer Unternehmen in Polen?

Das Urteil des NSA II FSK 1423/22 hat eine sehr konkrete praktische Bedeutung für ausländische Unternehmer, die über eine Niederlassung in Polen tätig sind. Es bestätigt ausdrücklich, dass die von der Muttergesellschaft für die der Niederlassung zur Verfügung gestellte Finanzierung berechneten Zinsen als Werbungskosten dieser Niederlassung gelten können, sofern sie natürlich die üblichen Voraussetzungen für Steuerkosten erfüllen.

Aus dem Urteil geht insbesondere hervor, dass:

  • der interne Charakter von Abrechnungen innerhalb eines Unternehmens (Zentrale – Niederlassung) nicht ausschließt , dass ihre Auswirkungen als steuerlich relevant angesehen werden,
  • bei der Zuordnung von Einnahmen und Kosten zu einem Betrieb muss konsequent die Fiktion des „unabhängigen Unternehmens” gemäß Art. 7 DBA angewendet werden.

Aus Sicht des Unternehmers bedeutet dies die Möglichkeit einer realistischeren Gestaltung des Steuerergebnisses der Niederlassung, sodass es die tatsächlichen Kosten der Finanzierung der in Polen ausgeübten Tätigkeit berücksichtigt. Gleichzeitig betont das Urteil, dass eine Kohärenz zwischen folgenden Punkten erforderlich ist:

  • der angenommenen Finanzierungsstruktur innerhalb der Gruppe,
  • den Unterlagen, die den marktüblichen Charakter der Zinsen bestätigen,
  • die Art und Weise der Zuordnung der Zinsen zu den Tätigkeiten der Niederlassung.

Die Tatsache, dass die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen steuerlich absetzbar sind, entbindet den Steuerpflichtigen nicht von der Verpflichtung, den Zusammenhang dieser Zinsen mit den Einnahmen der Niederlassung nachzuweisen und – in der Praxis – die für konzerninterne Abrechnungen geltenden Regeln einzuhalten, insbesondere die Anforderung der Marktkonformität der Finanzierungsbedingungen.

getsix® unterstützt ausländische Unternehmen, die in Polen tätig sind, bei der korrekten Abrechnung von Transaktionen mit der Zentrale, einschließlich der konzerninternen Finanzierung und der Zuordnung von Kosten zur Niederlassung. Wir helfen Ihnen, die Einhaltung der CIT-Vorschriften und der DBA-Verträge sicherzustellen. Kontaktieren Sie uns.


Zusammenfassung – Hauptthesen des Urteils des Obersten Verwaltungsgerichts

Das Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts II FSK 1423/22 regelt die Vorgehensweise bei der Abrechnung von Zinsen zwischen Hauptsitz und Niederlassung und bestätigt einige wichtige Grundsätze:

  • Für Einkommensteuerzwecke wird die Niederlassung einer ausländischen Gesellschaft (Betrieb) wie ein unabhängiges Unternehmen behandelt.
  • Die Folge dieser Fiktion ist die Möglichkeit, auf Seiten der Niederlassung Kosten anzuerkennen, die sich aus Abrechnungen mit der Zentrale ergeben, darunter Zinsen für zur Verfügung gestellte Finanzmittel.
  • Art. 7 Abs. 3 DBA enthält kein Verbot, Zinsen für Darlehen oder Finanzierungen, die von der Muttergesellschaft gewährt wurden, als Werbungskosten anzurechnen.
  • Art. 16 Abs. 1 Punkt 11 des CIT-Gesetzes schließt nur nicht gezahlte oder erlassene Zinsen von den Kosten aus – er verhindert nicht die Erfassung tatsächlich gezahlter Zinsen in den Kosten.
  • Infolgedessen können die von der Muttergesellschaft berechneten Zinsen als Steueraufwand der Niederlassung gelten, wenn sie tatsächlich gezahlt wurden, sich auf die Tätigkeit der Niederlassung in Polen beziehen und die allgemeinen Kriterien gemäß Art. 15 Abs. 1 des CIT-Gesetzes erfüllen (Zusammenhang mit Einnahmen, Ziel der Erzielung, Erhaltung oder Sicherung von Einnahmequellen).

Für Unternehmer bedeutet dies, dass ordnungsgemäß dokumentierte und marktübliche Finanzierungen durch die Zentrale das zu versteuernde Einkommen in Polen real senken können – unter Wahrung der gebotenen Sorgfalt bei der Dokumentation und Gestaltung der konzerninternen Abrechnungen.


Rechtsgrundlage:

  • Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts vom 30. Juli 2025, Az. II FSK 1423/22.
  • Gesetz vom 15. Februar 1992 über die Körperschaftsteuer.
  • Abkommen zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, unterzeichnet in Berlin am 14. Mai 2003.

Related Articles

Folgen uns
- Advertisement -spot_img

Latest Articles